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Pressemitteilung Lebenshilfe Aachen e. V.

Nur mit Pädagogik kommen Sie hier nicht weiter

Von der Kunst, sich auf die Welt von Menschen mit Autismus einzulassen

Aachen. Zum Thema Autismus fiel mir gleich der Film „ Der Geschmack von Schnee – Snow Cake“ mit Sigourney Weaver ein, in dem sie eine Autistin spielt und ihr von Zwängen bestimmtes Leben aufzeigt.

Aber den Autisten gibt es nicht. Autismus ist so individuell wie jeder einzelne Mensch. In der Gesellschaft ist meistens die Form des Asperger Autismus bekannt. Hier handelt es sich oft um Berühmtheiten und Wissenschaftler mit einer Inselbegabung.

In einer Wohngruppe in Haus Wiesental, einer Wohnstätte der Lebenshilfe Aachen e.V., leben 5 Menschen mit frühkindlichem Autismus und einer geistigen Behinderung zusammen.

Sie werden von einem festen Team unterstützt und betreut, um eine Erhöhung der Lebensqualität und eine Verbesserung der Teilhabechancen zu erreichen. Das feste Team ist sehr wichtig für ein Gefühl von Verlässlichkeit und Sicherheit bei den Menschen mit Autismus. Klare Strukturen sind in allen Bereichen des Alltags unabdingbar.

Bei einem Besuch der Wohnstätte fällt sofort auf, dass die Räume sehr schlicht eingerichtet sind und aufgeräumt. Unordnung gibt es nicht. Aufgrund einer Hypersensibilität der Menschen mit Autismus auf akustische oder visuelle Reize, versucht man, auf eine reizarme Umgebung zu achten. So fällt auch die Osterdekoration sehr minimalistisch aus. Die Baustelle vor der Haustür muss man aber als gegeben hinnehmen, wobei die täglich wechselnden Szenarien der direkten Umgebung, große Unruhe bei Menschen mit Autismus auslösen können. Manchmal reicht auch schon der Papierschnipsel, der auf der Straße liegt als Auslöser.

Zusätzlich wird die Kommunikation angeglichen. Der Mensch mit Autismus versteht Ironie und Sarkasmus nicht. Er braucht eine klare, einfache Sprache begleitet von visuellen Hilfen, wie zum Beispiel Piktogrammen.

Das heißt, im ersten Schritt wird die Umwelt sozialverträglich den Bewohnerinnen und Bewohnern angepasst. Im zweiten Schritt werden die individuellen Fähigkeiten der Menschen gefördert, um ihre Selbständigkeit zu maximieren.

Hierfür sind Routinen sinnvoll. „Das heißt jedoch nicht, dass eine einmal gefundene Lösung für immer Bestand hat. Man muss sich immer wieder auf neue Prozesse einlassen und ein hohes Maß an Flexibiliät bewahren“, so Christa Pitz-Döhler (Einrichtungsleitung Haus Wiesental).

Klare Strukturen geben Orientierungshilfen und schaffen Vorhersehbarkeit. Hierdurch wird bei den Betreuten Stress vermieden bzw. abgemildert und es kommt zu weniger Krisensituationen. Ganz ausschließen lassen sie sich jedoch nicht. Wenn zum Beispiel der Fahrer vom täglichen Fahrdienst wechselt, kann dies zu schlaflosen Nächten, Stresssymptomen und großem Leid bei einzelnen Bewohnerinnen und Bewohnern führen.

In solchen Situationen brauchen Menschen mit Autismus Toleranz. Leider stoßen sie jedoch bei der Umwelt oft nur auf Empörung und Unverständnis, weil man oft das Handicap äußerlich nicht erkennt. Wir sollten ein Verhalten, welches nicht unbedingt gesellschaftskonform ist, nicht leichtfertig ver- und beurteilen.

Man kann sich die Welt von Menschen mit Autismus so vorstellen, als wäre man in das falsche Flugzeug eingestiegen und käme in einer völlig fremden Kultur ohne Handy, Reise- und Sprachführer an. Dann gelingt es vielleicht, sich die eigene Angst und Hilflosigkeit teilweise zu verdeutlichen.

Menschen mit Autismus vollführen solche Höchstleistungen jeden Tag. Das erfordert sehr viel Kraft und Kompensation. „Es sind tolle Menschen, die in einer speziellen Welt leben. Das macht den Job so interessant,“ so Bernadette Unkenholz (Pädagogische Fachkraft in der Wohngruppe).